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| Interview

„Die Stärke eines Sturms richtig einordnen“

Interview mit Oliver Krüger über www.sturm-monitor.de

Wenn ein Orkan über Deutschland hinwegfegt, fragen sich heute viele Menschen, ob daran der Klimawandel Schuld ist. Diese und andere Fragen beantwortet künftig die neue Website Sturmmonitor des HZG. Dr. Oliver Krüger erzählt im Interview, welche Informationen der Sturmmonitor sonst noch liefert und wer ihn künftig nutzen soll.

Oliver Krüger

Dr. Oliver Krüger arbeitet im HZG-Institut für Küstenforschung. Foto: HZG/Gesa Seidel

Dr. Krüger, vor wenigen Tagen ist der neue Sturmmonitor des HZG online gegangen. Warum ist es wichtig einzuschätzen, wie stark ein aktueller Sturm ist?

Seit einigen Jahren werden wir während eines Sturmereignisses oder Orkans immer öfter von Journalisten gefragt, ob das Ereignis noch normal ist oder dem Klimawandel zugeschrieben werden muss. Der Sturmmonitor vergleicht einen aktuellen Sturm mit Sturmdaten aus den vergangenen sieben Jahrzehnten. Damit lässt sich ein Sturm jetzt erstmals auf einen Blick einordnen. Eine überraschende Erkenntnis ist dabei für viele Journalisten häufig, dass die heutigen Stürme keineswegs immer stärker als früher sind. Die Intensität der Stürme war zum Beispiel in den 1980ern und frühen 1990ern deutlich größer als heute.

Wer profitiert noch von der neuen Website?

Im Grunde jeder Mensch, der sich für das Wetter und insbesondere Stürme interessiert. Bei einem starken Sturm werde ich zum Beispiel auch von meiner Familie häufig gefragt, ob der aktuelle Sturm besonders heftig ist. Gerade in Norddeutschland interessiert das Thema viele Menschen. Der Sturmmonitor kann jetzt Fragen wie „Ist der aktuelle Sturm noch normal oder schon Klimawandel?“ beantworten. Natürlich dient der Sturmmonitor auch Behörden, die für die Sicherheit der Bevölkerung und den Katastrophenschutz zuständig sind. Künftig wollen wir die 70 Jahre langen Zeitreihen auch öffentlich verfügbar machen. Wir waren bereits mit Rückversicherungen in Kontakt, die mit den Daten eigene Risiko- und Schadensberechnungen durchführen wollen. Wir sind selbst gespannt, wer den Sturmmonitor künftig für welche Zwecke nutzen wird.

Das HZG bietet bereits seit einiger Zeit den Sturmflutmonitor an. Wie kam es jetzt zum Sturmmonitor?

Die Helmholtz-Gemeinschaft, zu der das HZG gehört, hat vor zwei Jahren die Klima-Initiative gestartet, mit der die verschiedenen Helmholtz-Zentren die Forschung zum Thema Klimawandel zentrenübergreifend intensiviert haben. In unserer AG Küstenklima kam dann die Idee auf, den Sturmflutmonitor, der schon länger vom HZG betrieben wird, durch einen Sturmmonitor zu ergänzen. Grundlage des Sturmmonitors sind Forschungsarbeiten zur Berechnung der Sturmaktivität, die bereits in den 1990er Jahren in der Arbeitsgruppe von Hans von Storch hier am Institut gelaufen sind. Ich habe diese Forschungen zum sogenannten „geostrophischen Wind“ fortgeführt und jetzt mithilfe meines Masterstudenten Daniel Krieger auf diesen theoretischen Grundlagen die Sturmmonitor-Website aufgebaut.

Der Sturmmonitor bietet verschiedene Informationen. Was erwartet die Nutzerinnen und Nutzer dort?

Screenshot Sturmmonitor

Im Dashboard des Sturmmonitors können verschiedene Aspekte ausgewählt werden. Auf diesem Screenshot sieht man, dass in der Saison 2019/2020 7 Stürme in der Region Mitteldeutschland aufgetreten sind. Der Monitor zeigt, dass das 7 Stürme weniger als der langjährige Durchschnitt von 14 Stürmen pro Saison sind. Es also im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich weniger häufig gestürmt hat.

Besonders interessant dürfte der Vergleich der Windgeschwindigkeiten der aktuellen Sturmsituation mit der langjährigen Entwicklung sein. Die Besucherinnen und Besucher der Website können außerdem ablesen, wie viele Stürme es in der laufenden Saison oder im vergangenen Monat gegeben hat und inwieweit die Zahl vom langjährigen Trend abweicht, ob die Zahl niedriger oder höher ist. Darüber hinaus enthält die Website viele Grundlagen zum Thema Wind und zur Berechnung der Windgeschwindigkeiten. Damit bietet der Sturmmonitor auch fachfremden Menschen einen leichten Einstieg in das Thema Sturm.

Sie haben Meteorologie studiert und sich zunächst am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg mit der Klimavorhersage befasst? Wie sind Sie zum Thema Sturm und Wind gekommen?

Der Wind oder allgemein das Wetter haben mich schon immer interessiert. Ich bin auf einem Bauernhof in Brandenburg aufgewachsen – da liegt das Thema Wetter sehr nahe, weil man von ihm abhängig ist. Als Sechzehnjähriger habe ich aus Spaß täglich meine eigenen Wettermessungen gemacht, die Temperaturen und den Niederschlag in ein Protokollheft eingetragen. Als ich am Max-Planck-Institut war, kam ich irgendwann mit Hans von Storch in Kontakt, der mich fragte, ob ich nicht meine Doktorarbeit über die Berechnung von Windgeschwindigkeiten mithilfe von Luftdruckdaten schreiben möchte – eine Methode, die er zusammen mit Kollegen vom Deutschen Wetterdienst entwickelt hatte. In meiner Doktorarbeit habe ich die Methode dann validiert und verfeinert. Ein sehr schönes Ergebnis dieser Arbeit ist der Sturmmonitor.

Das Interview führte Tim Schröder.

Weitere Informationen


Pressemitteilung "Ist das nur Sturm oder schon Klimawandel?" (28.10.2020)

Kontakt


Dr. Oliver Krüger Wissenschaftler in der Abteilung "Küstenklima"

Institut für Küstenforschung

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Gesa Seidel Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

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