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| Pressemitteilung

Zehn Jahre Fähren im Dienste der Wissenschaft: Wie FerryBoxen die Meere erforschen

Wissenschaftler des Institutes für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht entwickeln selbstständig arbeitende Messgeräte zur Erforschung der Meeresumwelt. Die Ferry Boxen sind heute von Spitzbergen bis in die Antarktis im Einsatz.

Die Idee ist genial: Schiffe, die auf festen Routen fahren, werden mit Messgeräten zur Erforschung der Meeresumwelt ausgestattet. Wissenschaftler des Institutes für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht haben die Idee in die Tat umgesetzt. Die Messgeräte sind in Boxen installiert - in sogenannten FerryBoxen. Gemeinsam mit der Firma 4H JENA wurde ein marktreifes Produkt entwickelt. Inzwischen sind 33 dieser FerryBoxen weltweit im Einsatz - von Spitzbergen bis in die Antarktis. Zuletzt hat die brasilianische Ölfirma Petrobras ein solches Messsystem gekauft, um die Wasserqualität rund um ihre Ölplattformen zu überwachen.

Wissenschaftlerin an der Ferrybox

Eine neue FerryBox wird am Helmholtz-Zentrum Geesthacht für den Einbau auf einem Frachtschiff vorbereitet. Die Messgeräte werden im Wasser der Nordsee den Gehalt von Sauerstoff, Nährstoffen, Kohlendioxid und weitere Parameter messen. Foto: HZG/ Heidrun Hillen

Viel Zeit und viele Kosten lassen sich einsparen, wenn auf Schiffen mit festen Routen autonome Messgeräte zur Beobachtung der Wasserqualität installiert sind. Das sind vor allem Fähren und Frachtschiffe.

Die Küstenforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) haben diese Idee aufgegriffen und gemeinsam mit europäischen Wissenschaftlern das System FerryBox entwickelt. Vor zehn Jahren wurde die erste FerryBox auf der Fähre zwischen Hamburg und Harwich (England) installiert.

Zusammen mit den Wissenschaftlern hat die Firma 4H Jena das System zu einem marktreifen Produkt entwickelt. Je nach Interesse und Bedarf wird die Box mit unterschiedlichen Messgeräten ausgestattet: vom Thermometer, über Geräte zur Überwachung des Algenwachstums bis zum pH-Sensor zur Messung der Ozeanversauerung.

Zwischen 60.000 und 100.000 Euro kostet eine FerryBox – je nach Ausstattung. Im Vergleich: Der Einsatz eines kleineren Forschungsschiffes kostet pro Tag etwa 10.000 Euro.

Forschung an der FerryBox

Das Frachtschiff LysBris

Das Frachtschiff LysBris hat eine FerryBox an Bord und fährt auf einer festen Route zwischen England und Norwegen. Foto: HZG/ Wilhelm Petersen

FerryBoxen sind aber auch auf Forschungsschiffen und an festen Stationen installiert, zum Beispiel auf Messpfählen oder in Forschungscontainern am Ufer. Das HZG hat in der Deutschen Bucht derzeit fünf Boxen im Einsatz.

„Für unsere Wissenschaft sind solche Langzeit-Messreihen mit dieser hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung enorm wichtig“, sagt Dr. Wilhelm Petersen, der am HZG die Forschungen an der FerryBox leitet. „Zum Beispiel für die Beobachtung von Algenblüten, die oft nur ein bis zwei Wochen dauern.“

Denn es ist unwahrscheinlich, dass gerade zum Zeitpunkt der Algenblüte ein Forschungsschiff vorbeifährt. Ein weiterer Vorteil: Die Frachtschiffe und Fähren fahren bei fast jedem Wetter, so dass es kaum Datenlücken gibt. Die Messdaten werden über das Mobilfunknetz oder Satellitenkommunikation nach Geesthacht übertragen und stehen über das Internet allen Wissenschaftlern weltweit sofort zur Verfügung.

Am Institut für Küstenforschung forschen Wilhelm Petersen und seine Kollegen zurzeit an der Entwicklung neuer Messgeräte für die FerryBox. Unter anderem entwickeln die Küstenforscher Sensoren zur Messung von Nitrat, Ammonium, Phosphat und Silikat. Die Messung dieser Nährstoffe hilft den Wissenschaftlern, Aussagen über die Belastung der Meere zu machen und die biologischen Zusammenhänge im Meer besser zu verstehen.

Beispielsweise die Entstehung von Algenblüten sowie deren Dynamik und Artzusammensetzung in Abhängigkeit vom Eintrag der Nährstoffe. Noch in diesem Jahr sollen die Sensoren in der Nordsee eingesetzt werden.

Zehn Jahre FerryBox: Ein Anlass, um diese Erfolgsgeschichte in einem Film zu erzählen

Ein Team aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern hat mit dem preisgekrönten Dokumentarfilmer Daniel Opitz die Entwicklung der FerryBox filmisch aufbereitet. „Die Herausforderung für uns bestand darin, ein nüchtern-technisches Gerät lebhaft in Szene zu setzen“, sagt Dr. Torsten Fischer, Leiter der Pressestelle am Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

Das Ergebnis ist ein achtminütiger Film, der die Küstenforscher hinter der FerryBox zu Wort kommen lässt und doch die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz dieser Messtechnik detailliert und verständlich erklärt. Jetzt ist der Film „FerryBox – wenn Fähren zu Forschungsschiffen werden“ im Internet auf YouTube zu sehen und kann von Online-Redaktionen im Internet kostenfrei eingesetzt werden.

Hintergrund zur FerryBox


Die FerryBoxen sind Teil des Coastal Observation System for Northern and Arctic Seas, kurz COSYNA. Mit COSYNA entwickelt das Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht ein umfangreiches Beobachtungs- und Analysesystem zur Überwachung des küstennahen Bereichs der Nordsee und der arktischen Meere.

Unterstützt werden die Aktivitäten des HZG in der Deutschen Bucht von den Reedereien DFDS und Cassen Eils GmbH & CO KG, die auf ihren Schiffen kostenlosen Platz zum Betrieb der Anlagen zur Verfügung stellen.

Film: "FerryBox - Wenn Fähren zu Forschungsschiffen werden"




Weitere Informationen


Zur FerryBox Internetseite Zur Internetseite der abteilung In-Situ Verfahren am HZG Zur Internetseite der Firma 4H JENA Engineering Zur HZG Pressemeldung „Ozeanforschung nach Fahrplan“ Zur Internetseite des Coastal Observation System for Northern and Arctic Seas (COSYNA)

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Torsten Fischer

Tel: 04152 87 1677

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